Wer hat denn hier Herz und wer ist mutig? Meist habe ich kurz nach dem Tod eines geliebten Menschen das erste Mal Kontakt zu den Angehörigen und bin von da ab an ihrer Seite. Mein großes Herz habe ich auf dem gemeinsamen Weg immer dabei und mutig bin zuerst ich. Ich ermutige Angehörige, die Trauer, Wut, Angst und Fassungslosigkeit ernst- und anzunehmen. Ich höre zu, zeige ihnen Möglichkeiten, der Traurigkeit über den Verlust etwas entgegenzusetzen und zeige auf, was bei einer Bestattung heute doch alles möglich ist. Und dann liegt es an den Angehörigen, ebenso mutig zu sein.
Die Zeit ist reif, Abschied ins Leben zu bringen.
Keine Frage — die Tatsache jemanden verloren zu haben ist unerträglich. Aber glauben Sie mir: sie wird erträglicher, wenn man den letzten Weg und die Trauer um einen lieben Menschen würdevoll gestaltet, ganz bewusst, individuell und authentisch.
Es erfordert allerdings Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen. Ich weiß, dass es unglaublich schwer ist, Konventionen hinter sich zu lassen und den Weg zu gehen, der für einen selbst der Richtige ist. Aber ich kann Ihnen sagen: es ist unheimlich wertvoll und lohnend, genau den Weg zu gehen, der eine Perspektive bietet, die für Sie wieder auf das Leben gerichtet ist. Geht man über einen Friedhof, sieht man, kein Grab ist mehr wie das andere. Das gilt inzwischen glücklicherweise auch für die Bestattung.
Wenn eine Bestattung nicht aus dem Katalog zusammengestellt ist und nach dem Motto «Weil man es eben so macht...» ausgerichtet ist, sondern zeigt, wie der verstorbene Mensch wirklich war — lebendig, lustig, anstrengend, kreativ, naturverliebt, tiervernarrt, sportbesessen, kinderlieb, introvertiert, geheimnisvoll, pragmatisch, romantisch, unnahbar, Workaholic, Perfektionist, Familienmensch oder Lebemann — bleibt am Ende des Tages etwas sehr Wertvolles. Es bleibt das Gefühl, dem Tod etwas entgegengesetzt zu haben.
Eine Bestattung so zu gestalten, dass es Raum gibt für Tränen, Wut, Trauer und Einsamkeit aber auch für Stolz, Mut, Erinnerungen, Zufriedenheit, Lachen und Ruhe, lässt unsere Lieben so in unserer Erinnerung zurück, dass wir alsbald ohne Kloß im Hals und unerträgliches Ringen nach Worten über sie sprechen und sie als wertvollen Teil unseres Lebens behalten können.